Philosophie und Kαιρός

 

Kairos und seine Schneide

Obwohl ihn Philosophen Kairos kaum erwähnen, seine Spuren findet man bis heute. Platon widmete sein berühmtes Buch Symposion dem wesentlich bekanterem und populärem Eros. Kairos verdient nicht weniger ein Symposion der Philosophen, als Eros, aber dafür wurde Kairos zu Spät geboren. Kairos als der jüngste und philosophischste Gott der alten Griechen erschien in einer Zeit, die sich weniger in Bildern und Mythen und mehr in Begriffen und Wissenschaften artikulierte. Er kam als es schon mit den Göttern vorbei war.

Das künstlerische Darstellung von Kairos geht vom mythologischem ins Abstrakte. Die „Schneide“ von Kairos, die schärfer zertrenne, als alle anderen - ist nicht nur räumlich sondern metaphorisch zu verstanden. "Die Schneide" soll die Waage nicht zerschneiden, sondern sie leiten. Die Assoziation der "Schneide" mit Rasiermesser, von wem sie auch immer kommt, finde ich hier ganz abwegig und falsch. "Die Schneide" ist abstrakt zu verstehen.

Kairos Entscheidung

Wenn man genau hinschaut, stellt man fest, dass solche Vorstellung von der Schneide als "Zahn der Zeit", als Zeitfluss, auch schon die alten Philosophen inspiriert geleitet hat. Die Vorsokratiker stellten die Frage  nach dem Sein und Nicht-Sein, nach dem Vergehen und Entstehen überhaupt, nach dem Ursprung, nach dem Arche.

„Leukipp und Demokrit, die Atome erfunden haben, lassen die Veränderung und Entstehung aus diesen erfolgen: durch <ihre> Trennung und Vereinigung das Entstehen und Vergehen, durch <ihre> Anordnung und Lage die Veränderung.

(Die Vorsokratiker – herausgegeben von Wilhelm Capelle. S.293 –294).

So wird auch Teilen, Verfallen und Entstehen durch die gleichen „Schneide“ geschnitten und zusammengesetzt. Die Schneide erweist sich als etwas metaphorisches, oder eher begriffliches und steht am Anfang der Wissenschaft und Philosophie.

Heraklites sagt „Panta rei“. Alles ändert sich beständig, und das ist die eigentliche Konstante, dass, was bleibt. „Wir können nicht zwei mal in dem selben Fluss treten.“ Man könnte fast sagen Die Philosophen reden über die gleiche Schneide die Lysipos in Form der Skulptur dargestellt hat.

Die Schneide von Kairos ist schärfer als die modernsten Geräte, die schneidet bis zu untrennbarem, zu unteilbarem, zu unvergänglichem und ewigem. Die Schärfe der Schneide besteht nicht in ihrer Härte, sondern aus ihrer Weichheit, aus dem Fluss der Zeit.

 

Christentum

Auch in der chrichtlichen Religion kommt die ähnliche Sicht der "Schärfe" zum Ausdruck.

„Denn das Wort Gottes ist lebendig und wirksam und schärfer als jedes zweischneidige Schwert und durchdringend bis zur Scheidung von Seele und Geist….“ Hebräer 4, 12 + 13

In Bußpredigt in Galiläa spricht Christus seine ersten Jünger an. Hier ist das Wort, die gute Botschaft von Christus das Schärfste überhaupt und dringt nicht durch ihre Härte und Gewalt durch, sondern durch ihre Weichheit. So ...... kam Jesus nach Galiläa und predigte das Evangelium ... und sprach:

"Die Zeit (Kairos) ist erfüllt, und das Reich Gottes ist nahe. Kehrt um, und glaubt an das Evangelium!"
Markus 1.15.

 

 

Kairos und seine Waage

Kairos Waage und Schneide

Ausgewogenes dazwischen im Fluss des Lebens das Gleichgewicht behalten.

Nun ist die Waage und Symmetrie Symbol des Exakten nicht nur in den Wissenschaften, sondern auch in Moralfragen aber auch in der Kunst.

 

Zusammenspiel der Schneide und Waage

Das Zusammenspiel der lebendigen Schneide und exakten Waage sind Haupteigenschaften von Kairos, der sein Gotteswesen, auch nach dem Entthronung der griechischen Götter weiter in den Wissenschaften lebt.

Alleine die Wage im Gleichgewicht, wer könnte das ertragen? Aber auch die Schneide ohne Maß wäre genauso Sinnlos und würde in die Irre führen. Nur ein harmonischer Zusammenspiel der Dyonisischen und Apolynischen macht die Antike so glänzend, visionär und zukunftweisend.